Die Geschichte des Gipsabbaus in Sperenberg

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Siedlungsspuren in Sperenberg lassen sich bis in die jüngere Steinzeit vor ca. 4000 Jahren zurückverfolgen. Von einer dauerhaften Besiedlung kann aber erst seit dem 13. Jh. gesprochen werden. Zu dieser Zeit beginnt bereits die 700 jährige Geschichte des Gipsabbaus, der einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung Sperenbergs hatte. Dieser Gipsabbau hat dazu beigetragen, dass Sperenberg sich zur Gründerzeit zur größten Gewerbeansiedlung auf dem Teltow entwickelte.

Das Gipsgestein fand Verwendung als Baumaterial im Kloster Zinna, im Burgfried von Luckenwalde sowie der alten Burg zu Zossen. Zu Beginn des 17. Jh. setzte eine Intensivierung des Gipsabbaus ein, um den Bedarf an Stuckaturgips für die Residenzstädte Berlin und Potsdam zu befriedigen. Um 1750 wurden jährlich 450 t Gestein gebrochen und verarbeitet. Zunächst erfolgte das Brechen per Hand, nach 1742 wurde das Gipsgestein durch Sprengungen gewonnen. Das Gestein wurde in Brennöfen zu grobem Bau- oder zu feinem Stuckaturgips gebrannt und in Tonnen per Schiff über die Notte transportiert, welche bereits 1559 bis zur Dahme schiffbar gemacht worden war. Von 1856 bis 1864 wurde die Notte zwischen Mellensee und ihrer Mündung bei Königs Wusterhausen zum Nottekanal ausgebaut.

von Bäumen gesäumter Wasserlauf

Mit der Eröffnung der Militäreisenbahn 1875 wurde der Gipstransport, vor allem nach Berlin, erheblich erleichtert. 1897 nahmen die Berliner Gipswerke, die Eigentümer der Gipsbrüche waren, eine moderne Fabrik in der Nähe des Bahnhofs in Betrieb, die ab 1906 über eine Drahtseilbahn (vgl. Übersichtskarte Sperenberger Gipsbrüche) mit den Gipsbrüchen verbunden war. Reste eines Seilbahnmastes sind im Gipsbruch 2 zu sehen. Sie ragen etwa einen Meter aus dem Wasser heraus. Auf der heute noch zu sehenden kleinen Insel inmitten des Gipsbruches 1 stand ebenfalls ein Gittermast der Transportseilbahn.

See

Als man Anfang des 20 Jh. dazu überging, den Gipsabbau unterhalb des Grundwasser-spiegels zu betreiben, war dies mit erheblichen Problemen verbunden. Durch diese Förderung wurde die Ablaugung von Salzinseln innerhalb des Gipshutes künstlich beschleunigt, und es mussten große Mengen salzhaltigen Grundwassers abgepumpt werden.

Für das Jahr 1907 ergibt sich eine Fördermenge von 10.000 t Gips und 140.000 t Steinsalz durch die Ablaugung. Pro Minute mussten 15 m³ Wasser abgepumpt werden. Für die Ableitung der salzhaltigen Abwässer aus den Gipsbrüchen wurden die umliegenden Gewässer (Krummer See) einbezogen. Deren Salzgehalt stieg dadurch merklich an.

Für die Zeit zwischen 1907 und 1924 ergibt sich für die durch Ablaugung entstandenen unterirdischen Hohlräume eine Größe von ca. 200.000 m³. Die Folge dieser intensiven Ablaugung waren Oberflächensenkungen und Erdfälle (vgl. Station 8) aus den Abbauperioden.

Karte

Dies hatte zur Folge, dass auch Gebäudeschäden auftraten. Sie setzten etwa 10 Jahre nach Beginn des Abbaus mit erhöhter Wasserförderung aus den Brüchen ein. Schon während des Quartärs bildeten sich oberflächlich durch natürliche Ablaugung Auslaugungsmulden, die heute mit Wasser gefüllt sind, so genannte Auslaugungs-Seen. Dazu zählen der Krumme See, das Faule Luch und der Faule See. Der Prozess der natürlichen Ablaugung dauerte aber wesentlich länger als die durch den Abbau künstlich beschleunigten Ablaugungen.

1924 wird der Gipsabbau infolge erheblicher Geländeabsenkungen und Gebäudeschäden eingestellt. 1946 wurde der Gipsabbau wieder aufgenommen und 1958 aus den gleichen Gründen wie 1924 wieder eingestellt.

Die Gipsbrüche lieferten nicht nur Rohstoffe, sondern waren auch Ort wissenschaftlicher Untersuchungen. So begann man am 27. März 1867 auf der Sohle des verlassenen Gipsbruches 2, auf dem Grundstück des Lehnschulzen Friedrich Johann Schüler, mit Bohrungen zur Erkundung des Gipshutes im Handbetrieb. Diese manuelle Tätigkeit musste recht bald eingestellt werden und wurde durch Maschinenkraft ersetzt. Dazu wurden ein Bohrturm errichtet und zwei Dampfmaschinen nach Sperenberg transportiert. Am 15. September 1871 wurde die Tiefenbohrung bei 1.271,60 m abgebrochen, ohne die untere Grenze des Salzstockes zu erreichen. Dieses Bohrloch ist bis heute als Bohrloch "Sperenberg I" bekannt, es war das erste über 1000 m Tiefe und bis 1886 das tiefste Bohrloch der Erde. Der Bergrat Eduard Dunker aus Halle an der Saale führte in dieser Bohrung exakte Temperaturmessungen durch. Zum einen entdeckte er die geothermische Tiefenstufe, die besagt, dass die Temperatur alle 33,7 m um 1°K mit der Tiefe zunimmt, zum anderen wurde damit ein langjähriger Streit zwischen Wissenschaftlern beendet.

Einige Wissenschaftler waren der Ansicht, dass die Erde im Innern nicht heiß, sondern kalt war und sich die Erde nur durch die Sonne aufheizte. Eduard Dunker bewies, dass die Erde im Innern heiß war, was die Tür zu einer unerschöpflichen Energiequelle aufschlug, die heute ansatzweise mit Verfahren der so genannten geothermischen Energiegewinnung genutzt wird.

Vorschaubild Bohrturm, Bohrloch

Zur Erinnerung an diese herausragende Leistung im Bereich der Erkundungstechnik sowie der geophysikalischen Grundlagenforschung wurde im Dezember 2007 eine Gedenkstele am Gipsbruch 2 eingeweiht, die an das tiefste Bohrloch der Welt erinnert. Heute markiert eine orangefarbene Boje markiert die Lage des ehemals tiefsten Bohrloches der Welt im Tagebausee.

Die Gipsbrüche sind heute wie damals mit einer einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt Ziel von Wissenschaftlern, Naturfreunden und Erholungssuchenden. Seit 1998 stehen die Gipsbrüche auf Grund ihrer artenreichen Pflanzenwelt und der vielen seltenen Tiere unter Naturschutz. Diese für brandenburgische Verhältnisse außergewöhnliche Landschaft lädt zum Verweilen und Entdecken ein.

Die Zeittafel verschafft Ihnen einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung Sperenbergs.

Ergänzende Informationen zur Geschichte des Gipsabbaus in Sperenberg erhalten Sie in der Heimatstube des Ortes in der Karl-Fiedler-Straße 1. Die folgende Bildergalerie gibt Ihnen einen Einblick in die wertvolle Sammlung von historischen Postkarten aus der Region. Ein Besuch der Heimatstube Sperenberg lohnt sich immer und wird empfohlen.

[Bildergalerie Postkarten]