Die Klausdorfer Tonvorkommen verteilen sich inselartig in einer vom Inlandeis der Weichselvereisung geformten Hochfläche, deren höchste Erhebung die Busenberge sind (65 m über NN). Die Tonvorkommen sind es gewesen, die Klausdorf zumindest für einige Jahrzehnte zu überregionalem Ruhm verhalfen.
Im Umfeld der Klausdorfer Tongruben finden sich viele Zeugnisse aus der Zeit der industriellen Ziegelfertigung. Zahlreiche Bauwerksreste ehemaliger Betriebsgebäude sind zumindest noch in Teilen erhalten. Interessenten können unter anderem einen Teil der Brennöfen besuchen, in denen Anfang des letzten Jahrhunderts etwa 56 Mio. Ziegel pro Jahr in sechs Ziegeleien gebrannt wurden (vgl. Station 2 Klausdorfer Ziegel des Rundweges Klausdorfer Tongruben).
Boden (Lehm) und Wasser sind die Elemente, aus denen Ziegel geformt werden. Feuer und Luft sind die Elemente, die zu ihrer Fertigstellung benötigt werden. Somit vereint der Ziegel alle vier Elemente, die nach Empedokles (5. Jh.. v. u. Z. in Griechenland) die Grundbausteine allen Lebens darstellen.
Das Wort Ziegel entstammt dem lateinischen Wort „tegula”, was soviel heißt wie Dachziegel. Das Verb dazu ist „tegere“ = decken. Der Ziegel gilt als der älteste künstliche Mauerstein. Grundsätzlich unterscheidet man Ziegel nach ihrer Verwendung für Innen- oder Außenmauerwerk. Ziegel in unserer Region wurden meist im sog. „Reichsformat“ hergestellt. Es wurde 1872 mit den Abmessungen 25x12x6,5 cm eingeführt. Diese Norm galt anfänglich für alle Reichsbauten des Norddeutschen Bundes, später setzte es sich im gesamten Reichsgebiet durch, woher auch der Name stammt. Noch heute werden im Zuge der denkmalsschutzgerechten Wiederherstellung von Gebäuden solche Ziegelformate eingesetzt.
[Bildstreifen Ziegel]
Bereits im Altertum erkannten die Menschen, dass in den Sedimenten der Fließgewässer und im Boden ein wertvoller und beständiger, leicht zu formender und zu verbauender Rohstoff enthalten ist. Eine sehr alte Technik, Ton zu formen, ist das Töpfern. Schon 6000 v. u. Z. wurde in Vorderasien ( dazu zählen u. a. die Türkei, die Halbinsel Arabien, das Kaukasusgebiet) die langsamdrehende Töpferscheibe verwendet. Durch die Erfindung der schnelldrehenden Töpferscheibe 4000 v. u. Z. begann die Produktion von „Massenware”. Das Brennen von Tongefäßen wurde schon sehr früh praktiziert, die ersten Lehmziegel wurden dagegen nur luftgetrocknet. Die Verwendung von gebranntem Ton in Ziegelform begann ungefähr 3000 v. u. Z.
In den besetzten Gebieten Germaniens waren es die Römer, die erstmalig mit gebrannten Ziegeln Gebäude errichteten. Sie verwendeten zur Ziegelherstellung die Technik des Ziegelschneidens, d. h. die Lehmbatzen wurden mit einem scharfen Gegenstand zerteilt und in Form gebracht. Die Germanen schauten sich diese Technik ab und verfeinerten sie zur Technik des Ziegelstreichens. Dazu wurden die Lehmbatzen in Formen gedrückt und der überständige Lehm abgestrichen.
Die Produktion von gebrannten Ziegeln in Klausdorf begann im 13. Jahrhundert, als mit den flämischen und altmärkischen Siedlern auch Baumeister in diese Region kamen. Die damaligen Siedler erhielten je eine Hufe Land (ca. 7,5 ha) und waren gleichzeitig verpflichtet, Ton zu graben. Eine Ziegelscheune wurde erstmals im Jahre 1698 erwähnt (vgl. hist. Karte Klausdorf).
Der Rohstoff für die Herstellung der Ziegel in Klausdorf war nicht ausschließlich Ton, sondern größtenteils geschiebearmer und stark schluffiger Geschiebemergel sowie Bändertone/Bänderschluffe (Eisstausee-Sedimente). Der stark schluffige Geschiebemergel überlagert die Eisstausee-Sedimente in einer Mächtigkeit von 5 bis 6 m.
Bevor der Geschiebemergel zu Ziegeln verarbeitet werden konnte, mussten die Verunreinigungen (z. B. Steine etc.) zunächst mit Wasser ausgeschlämmt werden, um eine feine und formbare Tonmasse zu erhalten. Danach wurde der Tonschlamm in Gruben abgelassen. Nachdem das Wasser abgeflossen war, transportierte man die Tonmasse in so genannte Tonschneider, wo der Ton geknetet wurde.
Die nun formgerechte Tonmasse gelangte dann per Wagen zu den Streichplätzen. Dort wurde sie auf Streichtischen von Hand in Holzformen (Streichform) gedrückt und so in Ziegelform gebracht. Die Rohlinge mussten dann in so genannten Trockenscheunen (vgl. Bild Streichplatz) vorgetrocknet werden. Vor allem mit dem Vortrocknen wurde erreicht, dass noch vorhandenes Wasser aus den Feinporen entweichen konnte. Somit wurde verhindert, dass während des Brennens der Ziegel Risse durch sich ausdehnendes Wasser entstehen konnten. Die ersten Ziegel wurden in so genannten altdeutschen Öfen gebrannt. Bei diesen Öfen war die Qualität der Ziegel aufgrund recht ungleicher Wärmverteilung sehr verschieden und teilweise eher mangelhaft. Als Brennstoff zum Beheizen dieser Öfen diente zunächst Torf, der am Ostufer des Mellensees gewonnen wurde.
In den später gebauten Hoffmannschen Ringöfen, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Ziegelherstellung revolutionierten, wurde Kohle verwendet.
In Klausdorf gründete Gottfried Arndt 1868 eine Ziegelei. Die Ziegelei Franz Arndt entstand 1880. Die ersten Ringöfen gab es 1884.
Um die Jahrhundertwende entstanden die Ziegeleien Voigt, Hornemann, Maass und Ernst Arndt. 1895 erwarb Richard Fasskessel das Gelände der heutigen Märkischen Ziegel GmbH. Diese Ziegelei nannte sich Dampfziegelei Richard Fasskessel. Für den Transport von Ton und Ziegeln wurden bereits Loren (Feldbahnwagen) statt Pferde-Fuhrwerken verwendet. Der Ringofen der Märkischen Ziegelei GmbH wurde 1890 erbaut. 1972 wurde der Ringofen modernisiert, so dass er mit dem Gabelstapler beschickt werden konnte. 1993 erfolgte eine letzte Umstellung des Betriebes von Kohlefeuerung auf leichtes Heizöl. Dieser Ringofen stellt heute ein funktionstüchtiges technisches Denkmal dar. Ein Schwerpunkt besteht in der Herstellung von Ziegeln für den Denkmalschutzbereich zur Restauration alter Ziegelbauten.
Der Aufstieg der Ziegelindustrie in Klausdorf wäre nicht ohne die damals aufstrebende Industriestadt Berlin denkbar. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stieg die Einwohnerzahl Berlins rasant an. Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum war sehr hoch. Zum Bau von Mietskasernen mit mehreren Hinterhöfen wurden Milliarden von Ziegelsteinen in rund 1.300 märkischen Ziegeleien um Berlin gefertigt. Mit den Wohnhäusern musste auch die Infrastruktur wachsen. Ziegel wurden weiterhin gebraucht für den Bau von Brücken, Abwasserkanälen, Kaufhäusern, Kirchen und Fabrikhallen.
Vor dem Bau der Königlich-Preußischen-Militäreisenbahn (KME) wurden die Ziegel von Klausdorf auf dem Wasserweg mit Lastkähnen von der ehemaligen Ablage am Mellensee, heute Festspielwiese, (vgl. Historische Karte Klausdorf) über den Nottekanal nach Berlin transportiert. Auch heute kursiert häufig noch der Spruch: „Berlin wurde aus dem Kahn gebaut“.
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Nach Fertigstellung der KME 1875 wurden die Ziegel am Bahnhof Rehhagen auf Waggons geladen und nach Berlin gebracht. Die Ziegeleien wurden dazu mit eigenen Gleisanschlüssen an das Bahnnetz angeschlossen (vgl. hist. Karte Klausdorf).
Der Klausdorfer Lehm verfügte über einen recht geringen Tongehalt, deshalb wurde dieses Material mit tonigerem Substrat aus dem Tontagebau bei Glienick verschnitten. Ab 1980 wurde der gesamte Ton für Klausdorf aus Glienick bezogen. Die Ziegelproduktion in Klausdorf endete Mitte der 1990er Jahre. Die Produktion im alten Ringofen war unrentabel geworden und der Absatz stockte. Heute ist das alte Produktionsgelände verwaist.
Nach der Tongewinnung folgte die bis jetzt letzte Stufe der Wertschöpfung. In Teilen der alten Tongruben wurden Deponien wie die Hausmülldeponie an der Sperenberger Straße angelegt. (vgl. Station 5 Deponie des Rundweges Klausdorfer Tongruben).
[Bildergalerie "Ziegel in Klausdorf"]
Die Ziegel fanden nicht nur Verwendung beim Hausbau. Sie wurden auch zum Bau von Straßen genutzt. In Klausdorf können Sie diese so genannten Ziegelstraßen besichtigen, wie z. B. die Ebereschenallee, An der Dorfaue und die Baruther Straße.
In der Baruther Straße 1-2 befindet sich in der „Alten Schule“ das Klausdorfer Schulmuseum. In der „Alten Schule“ kann man eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Klausdorfer Ziegelindustrie besuchen. Eine vorherige telefonische Anmeldung ist erforderlich. Kontakt: Herr Manfred Kurde, 15838 Klausdorf, Tel.: (033703) 71287
[Bildergalerie "Historie Klausdorf " (9 Bilder)]
Informationen zum zeitlichen Ablauf geschichtlicher Ereignisse in Klausdorf können Sie einer Zeittafel entnehmen.